DIE 4 (5) TIERE IM FENG-SHUI

Das 4(5)-Tiere-System ist eines der Basiskonzepte des Landschafts-Feng-Shuis. Es baut auf dem Yin-Yang-System auf, und beinhaltet schon erste Einflüsse des 5-Elemente(Wandlungsphasen)-Systems.

 

Im Feng-Shui wird die Umgebung nach einem guten Platz untersucht, ein Grundstück oder Stück Land mit der Formation der vier Tiere wird als idealer Feng-Shui-Platz angesehen. Es können Landschaften, Städte, Siedlungen, einzelne Gebäude oder Sitzbereiche nach diesen Kriterien beurteilt werden.

 

Die Tiere, die als Methapern für einzelne Qualitäten dienen, sind:

  • Drache
  • Phönix
  • Tiger
  • Schildkröte
  • Schlange

Welche Seiten werden nun welchen Bereichen zugeordnet? Man stellt sich vor, in der Eingangstüre des, z.B. Hauses, zu stehen und blickt hinaus. Zur Linken ist nun der Drache, vor einem der Phönix, zur Rechten der Tiger, und hinter einem die Schildkröte. Die Schlange befindet sich genau auf dem Platz, an dem sich das Gebäude befindet, weshalb sie oft unerwähnt bleibt.

Die Tiere im Detail

Der Grüne Drache des Ostens 東方青龍  dōng fāng qīng lóng

Der Drache ist eines der vielseitigsten Symbole Chinas. Die ältesten Darstellungen werden auf ein Alter von 5000 Jahren geschätzt, doch erst vor ca. 2000 Jahren wurde die Drachensymbolik bedeutend, als der Drache zum Symbol des Kaisers wurde. In der deutschsprachigen Literatur wird er als "grün" bezeichnet, wohingegen er im Englischen Sprachraum als "blau" bezeichnet wird. Etwas verwirrend, wer war es nun, der unsauber übersetzt hat und falsch liegt? Keiner, denn beides stimmt. Das Chinesische 青 qīng ist eine Farbbezeichnung, die es bei uns nicht gibt und umfasst ein breites Spektrum von Grün über Türkis bis hin zu Blau und Schwarz.

 

Der Drache verkörpert das junge aufkeimende Yang. Die Qualität ist aktiv, impulsiv, dominant, und dringt nach Außen. Er wird klassisch dem Osten und der Wandlungsphase/Element, Holz zugeordnet. Das Samenkorn, das lange Zeit in der Erde ruhte (Yin-Zustand) und auf den richtigen Impuls gewartete hatte, das nun, durch diesen Impuls erwacht ist und mit aller kraft nach Außen strebt. Ungestüm, mitunter vielleicht noch etwas verspielt, aber mit einem unbändigbaren Willen, schier unversiegbaren Ressourcen und ungezügelter Kraft. Das junge Yang ist noch dabei sich zu entdecken, seine Grenzen auszuloten, es ist entschlossen, forsch, rastlos, dynamisch und voll Eifer. Er steht auch für den Sonnenaufgang und den Frühlingsregen. Inspiration, Weisheit und Entscheidung.

 

Der Drache findet sich in Gestalt von hohen und langen Berg- oder Hügelketten, oder hochgewachsenen Bäumen. Eine Straße mit lebhaftem Verkehr kann auch als Drache gelten.

Der Rote Vogel des Südens 方朱雀 nán fāng zhū qiuè

Der Rote Vogel, 朱雀  zhū qiuè ist ein Fabeltier und wird gemeinhin als 雀 qiuè, Spatz/Sperling, bezeichnet, dessen Farbe 朱 zhū, Scharlachrot/Zinnoberrot, ist. Der Rote Vogel, 朱雀  zhū qiuè, wird auch als 凤凰 fènghuáng bezeichnet. 凤凰 fènghuáng wird gemeinhin als Phönix übersetzt, da es große Übereinstimmungen zwischen diesen Fabeltieren gibt. Ein unterschied wäre beispielsweise, dass der 凤凰 fènghuáng nicht, wie der Phönix, verbrennt und aus seiner eigenen Asche aufersteht.

 

Der Phönix verkörpert das alte Yang, das immer noch aktiv ist und stetig expandiert, jedoch besonnen und kontrolliert, da das Yin bereits beginnt zu erstarken. Es ist weniger aggressiv, impulsiv und forsch. Durch die höhere Kontrolle steigt auch die Effizienz. Er wird klassisch dem Süden und der Wandlungsphase/Element Feuer zugeordnet. Das alte Yin des Phönix steht für Wissen, Wachstum, Tatendrang, Erfolg, Ansehen und Lebenskraft. Der Phönix steht für die fünf menschlichen Qualitäten Chinas: Tugend, Pflicht, rituell korrektes Verhalten, Menschlichkeit und Zuverlässigkeit. Er verkörpert Freiheit, Überblick, Selbstbewusstsein, Leichtigkeit, Spontanität, Freude und Zuversicht.

 

Der Phönix hat sebst keine eigene Gestalt im Feng-Shui, sondern kommt zum Ausdruck, indem man ihm Platz Schafft. Im Bereich des Phönix sollte ein freier, offener Platz sein, in dem sich im Idealfall Wasser befindet. Beispielsweise ein ruhig fließender Bach, ein Fluss, See, Teich oder ein Springbrunnen. Im vorderen Bereich sollte es keine Hindernisse geben, sodass reichlich Qi einfließen kann. Meist wird dieser Bereich auch als Ming Tang bezeichnet.

 Der Weiße Tiger des Westens 西方白虎 xī fāng bái hǔ

Der Tiger symbolisiert die Qualität des jungen Yin, und bildet somit einen Gegenpol zum Drachen. Tiger und Drache stellen auch den ewigen Wechsel von Yin und Yang, in Form des Kampfes zwischen Tiger und Drachen, dar. Das junge Yin ist zusammenziehend und konzentrierend, doch das alte Yang wirkt immer noch hinein, wodurch noch eine antreibende und scharfe Qualität vorhanden ist. Das junge Yin, in der Symbolgestalt des Tigers, wird nie einen Streit beginnen oder den ersten Stein werfen, es wird jedoch sehr leicht zu einer Reaktion provoziert. Als Beispiel wird oft der schlafende Tiger genannt, aber nicht einer, der sich im Tiefschlaf (Yin) befindet, sondern gerade eingeschlafen ist bzw. döst (junges Yin). Wird er nun gestört, ist seine Reaktion gezielt, hart, kurz und schmerzlos um sich umzudrehen und gleich wieder weiter zu schlafen.

 

Der Tiger wird klassisch mit dem Westen und der Wandlungsphase/Element Metall in Verbindung gebracht. Er strotzt vor Dynamik und Kraft und steht für Rechtschaffenheit, Weitsicht, Intuition, Mütterlichkeit, Tapferkeit, bedingungslose Liebe, Besonnenheit, Zielstrebigkeit, aber auch für Eigensinn, Stolz und schwer zu kontrollieren. Er Symbolisiert das Potential, die geballte Energie des jungen Yin und der konzentrierenden Qualität der Wandlungsphase/Element Metall, die auf der Lauer liegt, nicht in Aktion, aber stets bereit aktiv zu werden.

 

Er ist immer hellwach, auch wenn er döst. Und in diesem Dösenden Zustand sollte er sich im Feng-Shui zur rechten des Hauses Zeigen. Dieser Bereich sollte etwas niedriger als die Linke, die Drachenseite sein, damit ein Zirkulieren des Qi möglich ist, und keine Stagnation stattfindet. Das verbrauchte Qi sollte über die Tigerseite abfließen. Der Tiger findet sich in Gestalt von niedrigen, ausgedehnten Hügeln, niedrigen Bäumen oder Gebäuden, einer Hecke, niedrige Bepflanzung. Eine Straße, auf der sich der Verkehr vom Haus wegbewegt und verbrauchtes Qi mitnimmt, ist ebenfalls ein akzeptables Merkmal.

Schwarze/r Schildkröte/Krieger des Nordens 北方玄武 běi fāng xuán wǔ

Die Schildkröte steht für die Qualität des alten Yin. Das alte Yin ruht zur Gänze in sich und beinhaltet die ganze Welt. Es ist auf seinem Maximum auf ein Minimum zurückgezogen ohne jegliche Interaktion mit dem Außen. Jedoch trägt das alte Yin bereits den Funken des Yang tief in sich, der nur auf den richtigen Impuls wartet um die enorme Energie, die sich tief im alten Yin befindet freizusetzen. Es ist die Kontemplation und Meditation die sich nach innen wendet, das Außen erkennt und dieses Formen kann.

 

Die Schildkröte wird klassisch mit dem Norden und der Wandlungsphase/Element Wasser in Verbindung gebracht. Sie steht für Schutz, Glück und Langlebigkeit. Sie steht für die Ahnen und Weisheit. Sie ist die Rückendeckung, und wird durch hohe Hügel, Gebäude oder hohe Bäume dargestellt, die sich hinter dem Haus befinden. Die Schildkröte verhindert, dass das günstige Qi verloren geht, und lenkt es zum Haus zurück.

 

Etwas seltener wird die Schildkröte auch als Krieger bezeichnet, dies ist übersetzungstechnisch möglich, da das Wort 武 wǔ "Kampf" bedeutet. Hier haben wir ebenso den Aspekt des Rückenstärkens, des Stabilisierens und des Schutzes.

Die Gelbe Schlange der Mitte

Das Fünfte Tier ist die Schlange, die sich jedoch nicht in allen Feng-Shui Schulen widerfindet. Grund dafür ist, dass sie in den Hintergrund tritt, da sie das Zentrum einnimmt, an dem sich für gewöhnlich das Haus, die Siedlung oder die Stadt befindet.

 

Die Gelbe Schlange wird klassisch mit der Mitte und der Wandlungsphase/Element Erde in Verbindung gebracht. Sie sucht sich immer den besten Platz, an dem sie ihr Sonnenbad nehmen kann, und wird einerseits durch die anderen Tiere/Qualitäten, falls vorhanden, geschützt und kann auf diese, falls nötig auch Einfluss nehmen. Sie ist wie ein General einer Armee, der Informationen aus allen Richtungen empfängt und in der Lage ist, auf die speziellen Qualitäten, die ihr gehorchen, zuzugreifen und rechtzeitig und weise reagieren. Ihre Qualität ist die ausgeglichene Existenz von Yin und Yang. Sie ist zusammengerollt und ruht, ist solide, wach, entspannt und bereit, blitzartig zu reagieren.

Das Konzept der 4 (5) Tiere ist schon sehr alt und hat seine Ursprünge in vorchristlicher Zeit. Vor allem das Paar von Tiger und Drache, das wiederum mit Yin und Yang in Verbindung steht, lässt sich bis fast 1000 v.Chr. in spuren erkennen. Das Feng-Shui griff vieles auf, und stellte einiges neu zusammen, um es für ihre Ansprüche handhabbar zu machen, und so kommt es, dass manche Zuordnungen nicht ganz eindeutig sind, bzw. sich im Kontext ändern können. Auf diese Fälle möchte ich noch kurz eingehen.

Das Verhältnis zwischen Drache, Tiger, Phönix und dem chinesischem Einhorn

Der Drache steht für die Qualität des Yang und im Feng-Shui, je nach Kontext auch für den männlichen Aspekt. Sein Gegenpol, der für die Qualität des Yin, und je nach Kontext auch für den Weiblichen Aspekt, steht, ist standardmäßig der Tiger. Beide werden auch oft im Kampf miteinander dargestellt, doch handelt es sich hierbei nicht um eine Gegnerschaft oder Feindschaft, auch ist es nicht aggressiv, wie man vielleicht meinen könnte, sondern ein Bild des Werdens und Vergehens, eines von Leben und Tod.

 

Jetzt kennen aber viele aus den Chinarestaurants die paarigen Darstellungen von Drache und Phönix. Letzterer steht auch noch für das Alte Yang, wie oben beschrieben. Was hat es damit auf sich? Ein Fehler? Nein, kein Fehler, das hat alles seine Richtigkeit. Und um die Verwirrung komplett zu machen, auch im Feng-Shui wird der Phönix verwendet, um den weiblichen Aspekt, oder die Yin Qualität darzustellen.

 

Die rechte und linke Seite, werden auch als Drachen- und Tigerseite bezeichnet, doch nur außerhalb des Gebäudes. Sobald man ins Detail geht, also ins innere wird der Tiger durch den Phönix ersetzt, der nun die Qualität von Yin verkörpert. Dieser Phönix darf jedoch nicht mit dem Phönix, der sich vor dem Haus "befindet", und der auch eine Yang Qualität hat, verwechselt werden. Im Feng Shui hat es sich daher auch eingebürgert, dass man bei dem freien Platz vor dem Haus eher selten vom Phönix spricht, sondern eher vom Ming Tang, obgleich die Bedeutung des Phönix mitschwingt. Der Name des Phönix 凤凰 fènghuáng setzt sich aus der Bezeichnung für den männlichen Phönix 凤 fèng und weiblichen Phönix 凰 huáng  zusammen.

 

Seltener taucht auch hie und da das chinesische Einhorn auf, das anstelle des Tigers das Yin darstellt. Es verkörpert Liebe, Frieden und Güte, und darf nicht mit der Europäischen Vorstellung eines Einhorns verwechselt werden. Das Chinesische, Qilin 麒麟 genannt, dessen Name sich wie beim Phönix aus dem männlichen und weiblichen Namen zusammensetzt, ist ein Fabeltier und Mischwesen. Es hat einen Drachenkopf, Ochsenhufe, ist schuppig, hat ein Hirschgeweih, einen Löwenschwanz und den "Bart" eines Karpfens. Wenn es nicht explizit Yin darstellt, dann steht es symbolisch für die Polarität von Yin und Yang.

Mögliche Ursprünge dieses Konzeptes und das Verhältnis von Schildkröte, Schlange und Krieger

Woher diese Konzept letztlich kommt lässt sich leider nicht mehr rekonstruieren, auffällig ist jedoch die weitestgehende Übereinstimmung zur alten chinesischen Astronomie. Dort wird der Himmel in fünf Sektoren unterteilt, ein Zentrum, das durch den Krieger bzw. den Kaiser dargestellt wird und vier Sektoren in den Himmelsrichtungen. Im Osten der Grüne/Blaue Drache, im Süden der Rote Vogel, im Westen der Weiße Tiger und im Norden die Schwarze Schildkröte/Schlange. Die Ähnlichkeit ist klar erkennbar, doch ebenso die Abweichungen. Es ist daher unklar ob es schon ein System von den fünf Tieren gab, das dann von der Astronomie und dem Feng-Shui übernommen wurden, oder ob ein System das andere beeinflusste.

 

Für die These, dass beide Systeme die Symbolik der Tiere übernahmen spricht das hohe alter der Mythologien dieser Tiere und dass jedes der Tiere für sich die anderen nicht brauch. So trägt beispielsweise der Phönix, mythologisch gesehen, das ganze Universum in sich. Hinzu kommt, dass diese Tiere kein eigenes Sternbild haben. Die Schwarze Schildkröte des Nordens erstreckt sich über das viertel des nördlichen Himmels. Dieser Sektor ist, wie auch die anderen Sektoren im Osten, Süden und Westen, in Sieben Sektoren ("Wohnsitze") unterteilt, diese sind nach markanten Sternbildern benannt, wobei die chinesischen Sternbilder kleiner als die Europäischen sind und mitunter nur aus einem Stern bestehen. Bei der Schwarzen Schildkröte sind dies "südlicher Wagen", "Ochse", "Mädchen", "Leere", "Dach", "Feldlager", "Mauer". Diese sieben Sternbilder bilden zusammen die Schwarze Schildkröte. In Summe gibt es somit 28 Sektoren die die Grundlage des auf der Mondbewegung Basierenden Mondkalenders bilden plus dem Zentrum, der in drei "Gebiete" unterteilt ist.

Während einige Feng-Shui-Schulen die Schlange in die Mitte setzen ist dies in der Astronomie der Platz des Kriegers, bzw. des Kaisers, die Symbolisch für China, dem "Reich der Mitte" stehen. Die Schlange wird nach Norden Verlagert, wo sie zusammen mit der Schildkröte dargestellt wird. Teilweise eng umschlungen mitunter kämpfend, teilweise zu einem Fabeltier verschmolzen.

 

Es kann auch sein, dass sich die Borstellungen mehrere Kulturen miteinander vermengt haben, und in einigen Fällen Symbole und Vorstellungen nebeneinander weiter existierten.